Bleiben Sie nicht länger Opfer!

Nichts ist für die Opfer von Straftaten wichtiger als ihre Handlungsfähigkeit wieder zurückzuerlangen. Opfer, die in ihrer Opferposition bleiben, laufen Gefahr, das Erlebnis ihr ganzes Leben lang mitzuschleppen.

Die Rechte, die Verletzte heute haben, sind erst in den letzten Jahren entstanden. In den Strafverfahren spielten viel zu lang nur die Täter eine Rolle. Verletzte mussten sich mit einer Nebenrolle als Zeuge begnügen, in der sie dann auch noch vom Anwalt des Angeklagten mit verletzenden Fragen ein zweites Mal zum Opfer gemacht wurden.

Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Die Rechte der Verletzten sind noch immer nicht so umfangreich, wie sie meiner Meinung nach sein sollten, aber es hat sich einiges zum Positiven entwickelt. Es liegt an Ihnen, diese Möglichkeiten auch zu nutzen, um bei der Aufarbeitung der Tat eines nicht mehr zu sein: ein Opfer.

 


I. Schutz vor weiteren Straftaten

Sofern der Täter nach der Tat nicht in Untersuchungshaft sitzt, besteht bei Gewaltdelikten immer die Möglichkeit, dass der Täter sich den Betroffenen erneut gegen ihren Willen nähert um weiter auf sie einzuwirken oder sie unter Druck zu setzen.

 

Um dies bei gegenwärtigen Gefahren kurzfristig zu verhindern, können sich die Betroffenen an die Polizei wenden. Diese ist nicht nur an der Strafverfolgung beteiligt, sondern hat nach den Polizeigesetzen der Länder auch das Recht, präventive Maßnahmen zum Schutze der Betroffenen durchzuführen. Die Polizei kann gegenüber den Tätern einen Platzverweis aussprechen und sie aus der Wohnung der Betroffenen verweisen. Möglich ist zudem ein Betretungsverbot für die Umgebung der Wohnung. Zeigt der Täter, dass er den Weisungen der Polizei nicht nachkommen will, so kann die Polizei ihn in Gewahrsam nehmen und ggf. einen Antrag auf Unterbringungsgewahrsam stellen. 

 

Um nicht nur über einen kurzen Zeitraum vor dem Täter geschützt zu sein, empfiehlt sich zudem ein Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz. Die Anträge sollten möglichst frühzeitig gestellt werden, da es immer eine Weile dauert, bis das Gericht seine Anordnungen erlässt. Geschützt werden können die Betroffenen dadurch, dass das Gericht anordnet, dass der Täter

  • nicht mehr die Wohnung der verletzten Person betreten darf,
  • sicht nicht mehr in einem bestimmten Umkreis um die Wohnung der verletzten Person aufhalten darf,
  • nicht mehr Orte aufsuchen darf, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
  • keinen telefonischen Kontakt mehr aufnehmen darf.

Gleiches gilt auch schon dann, wenn jemand "nur" mit Gewalt droht oder sein Opfer stalkt.

 

Besonders geschützt werden zudem die Opfer von häuslicher Gewalt. Diese können beantragen, dass der Täter die gemeinsame Wohnung verlassen muss. Das kann selbst dann geschehen, wenn die Wohnung dem Täter gehört oder er sie alleine angemietet hat.

 

Sind Kinder involviert, sollten Sie alles dafür zu tun, diese vor dem Miterleben weiterer Gewalt zu schützen.  Ist eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz ergangen, so kann versucht werden, dem gewalttätigen Elternteil das Umgangsrecht ganz oder teilweise zu entziehen. Bei Gewalttaten zwischen Eheleuten besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts zu stellen.

II. Einleitung eines Strafverfahrens

1. Strafanzeige

In den allermeisten Fällen beginnt die Strafverfolgung dadurch, dass die Strafverfolgungsbehörden aus der Bevölkerung einen Hinweis über eine mögliche Straftat bekommen. Diesen Hinweis nennt man Strafzeige. Die Anzeige kann nicht nur vom Opfer der Tat, sondern von jeder Person, die von der Tat Kenntnis erlangt hat (wie z. B. Zeugen), gestellt werden. Die Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Kosten für den Anzeigenerstatter entstehen dabei nicht. Es gibt auch keine zeitliche Frist, innerhalb derer die Anzeige erfolgen muss.

 

Zuständig für die Entgegennahme von Strafanzeigen sind die Polizei, die Staatsanwaltschaft sowie die Amtsgerichte. Damit die Strafverfolgungsbehörden zügig ermitteln können, sollten Sie in der Anzeige (sofern möglich) folgende Angaben machen:

  • Ort der Tat
  • Datum und Uhrzeit der Tat
  • Schilderung des Geschehens
  • Beteiligte Personen auf Täter- und Opferseite
  • Mögliche Zeugen

Die Strafanzeige kann nachträglich nicht mehr zurückgezogen werden. Wenn die Strafverfolgungsbehörden einmal Kenntnis von einem möglicherweise strafbaren Verhalten erlangt haben, sind sie in der Regel gesetzlich verpflichtet zu ermitteln.

 

Wichtiger Hinweis:

Machen Sie bei der Anzeige niemals absichtlich falsche Angaben. Wenn Sie über einen Sachverhalt nur wenige Angaben machen können, ist das eben so. Und wenn Sie sich bei etwas nicht mehr ganz sicher sind, machen Sie das deutlich. Bei vorsätzlichen oder leichtfertigen Falschangaben können Ihnen sonst die die Kosten des Ermittlungsverfahrens auferlegt werden und Sie riskieren eine Gegenanzeige wegen falscher Verdächtigung oder übler Nachrede.

 

In Strafverfahren ohne Zeugen oder sonstige Beweismittel kann zudem ein Glaubhaftigkeitsgutachten durch einen Sachverständigen erstellt werden. Findet der Sachverständige heraus, dass die Betroffenen Teile ihrer Aussage nur hinzuerfunden haben, können Sie fast sicher sein, dass der Täter ohne weitere ihn belastende Beweismittel freigesprochen wird.

2. Strafantrag

Bei einigen Straftaten aus den Bereich Bagatellkriminalität und Kriminalität mit Familienbezug reicht die Strafanzeige allein nicht aus, damit die Strafverfolgungsbehörden die Ermittlungen aufnehmen. Vielmehr ist in diesen Fällen ein sogenannter Strafantrag erforderlich, weshalb diese Delikte auch Antragsdelikte genannt werden. Bei diesen ist das Interesse der Allgemeinheit an der Strafverfolgung nicht oder nur selten betroffen, so dass es vielmehr darauf ankommt, ob die durch die Tat verletzten Personen eine Bestrafung der Täter wünschen.

 

Unterschieden werden bei den Antragsdelikten die absoluten und die relativen Antragsdelikte. Die absoluten Antragsdelikte können ohne einen Strafantrag in keinem Falle verfolgt werden. Selbst wenn Polizei und Staatsanwaltschaft gerne ermitteln würden, dürfen sie dies ohne den Strafantrag nicht tun.

 

Absolute Antragsdelikte sind zum Beispiel

  • Hausfriedensbruch, § 123 StGB
  • Beleidigungsdelikte, §§ 185, 186, 187 StGB
  • Haus- und Familiendiebstahl, § 247 StGB
  • Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen, § 248a StGB
  • Unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs, § 248b StGB
  • Begünstigung, § 257 StGB
  • Betrug im häuslichen und familiären Bereich, § 263 StGB
  • Verletzung des Steuergeheimnisses, § 355 StGB

Bei den relativen Antragsdelikten wird die Tat nur dann verfolgt, wenn entweder ein Strafantrag gestellt wurde oder aber ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Wenn also kein Strafantrag gestellt wurde, haben in diesen Fällen die Strafverfolgungsbehörden trotzdem noch die Möglichkeit zu ermitteln, sofern dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Dabei gibt es keine allgemeine Definition, wann dieses besondere öffentliche Interesse besteht, sondern es gibt je nach Delikt eigenständige Kriterien. So kommt es beispielsweise bei einer einfachen Körperverletzungen darauf an, ob eine rohe Tat, eine erhebliche Misshandlung oder eine erhebliche Verletzung vorliegt.

 

Relative Antragsdelikte sind zum Beispiel

  • Körperverletzung, § 223 StGB
  • Fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB
  • Nachstellung, § 238 Abs. 1 StGB
  • Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen, § 248a StGB
  • Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB
  • Sachbeschädigung

Der Strafantrag ist schriftlich zu stellen. Dies geschieht zumeist direkt in Verbindung mit der Strafanzeige. Dabei muss nicht zwingend das Wort Strafantrag benutzt werden. Es reicht, wenn sich aus dem Vorbringen zweifelsfrei ergibt, dass die Verfolgung der Straftat verlangt wird. Um Missverständnissen vorzubeugen empfiehlt es sich aber, immer das Wort Strafantrag zu verwenden. Dann gibt es hinterher keine Diskussionen darüber, ob wirklich eine Strafverfolgung gewünscht wurde oder nicht.

 

Antragsberechtigt ist grundsätzlich die durch die Tat verletzten Personen. Sind die Antragsberechtigten geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so können die gesetzlichen Vertreter bzw. die Sorgeberechtigten den Antrag stellen.

 

Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt nicht ab dem Zeitpunkt der Tat, sondern ab dem Tag, an dem der Antragsteller von der Tat sowie der Person des Täters Kenntnis erlangt.  Diese Regelung sorgt dafür, dass bei unbemerkt durchgeführten Straftaten die Antragsfrist nicht schon abgelaufen ist, bevor die Tat überhaupt entdeckt wurde.

 

Im Gegensatz zur Strafanzeige kann der Strafantrag zurückgenommen werden. Dies geht sogar noch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens. Aber Achtung: Ein einmal zurückgenommener Strafantrag kann nicht noch ein zweites Mal gestellt werden.

3. Verfahren ohne Zeugen bzw. Beweismittel

Leider hält sich hartnäckig das Gerücht, dass ein Täter nur dann verurteilt werden kann, wenn es Zeugen oder andere Beweismittel gibt. Bei Fällen mit Aussage-gegen-Aussage-Situationen würde der Angeklagte nach dem Prinzip "im Zweifel für den Angeklagten" immer freigesprochen.

 

Das stimmt nicht!

 

Dieser Mythos hält oftmals die Opfer von Straftaten, die sich nicht in der Öffentlichkeit abspielen davon ab, die Tat anzuzeigen. Dies betrifft vor allem Sexualdelikte. Bei diesen kommt oft noch hinzu, dass die Betroffenen unter Schock stehen und einfach nicht daran denken, Beweismittel zu sichern. Aber selbst wenn es keine Beweismittel gibt und dadurch nur die Aussage der Betrofffenen bleibt, heißt das nicht, dass der Täter automatisch freigesprochen wird.

 

Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichtes ist in diesen Fällen die Glaubwürdigkeit der Betroffenen. Es ist Aufgabe der Richter herauszufinden, wessen Aussage glaubwürdig ist und dementsprechend das Urteil zu sprechen. Dies kann er entweder alleine tun oder durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Dieser erstellt dann ein sogenanntes Glaubwürdigkeitsgutachten. Erst wenn nach der eigenen Einschätzung der Richter oder trotz des Gutachtens Zweifel an der Darstellung der Betroffenen bleiben, kommt der Grundsatz "im Zweifel für den Angeklagten" zur Anwendung und der Angeklagte ist freizusprechen.

III. Beteiligung am Strafverfahren

1. Beteiligung am Strafverfahren als Nebenkläger

Die Nebenklage ist für Verletzte eine gute Möglichkeit, selbst aktiv am Strafverfahren teilzunehmen. Nebenklage bedeutet dabei nicht, dass die Verletzten zusätzlich zur Staatsanwaltschaft ebenfalls Klage erheben, sondern dass sie sich der Klage der Staatsanwaltschaft anschließen. Ein eigenes Recht zur Klage haben Verletzte nur im Rahmen der Privatklage.

 

Auch wenn die Nebenklage keine eigene Klage ist, so eröffnet sie den Verletzten doch eine ganze Reihe von Möglichkeiten, auf das Strafverfahren Einfluss zu nehmen. Nebenklägern haben das Recht

  • auf die Mitteilung von Terminen
  • auf Einsichtnahme in die Akten der Staatsanwaltschaft
  • zur Abgabe von Erklärungen
  • zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung
  • zum Stellen von Beweisanträgen in der Hauptverhandlung
  • zur Ablehnung von Richtern und Sachverständigen
  • zur Befragung des Angeklagten, Zeugen und Sachverständigen

Die Wahrnehmung dieser Rechte ermöglicht es den Verletzten, aus ihrer nur passiven Rolle im Strafverfahren als Zeuge herauszutreten und das Strafverfahren aktiv zu beeinflussen. Dadurch verhindern die Betroffenen, dass sie und ihre Verletzungen lediglich eine Randnotiz sind, während sich das Verfahren fast ausschließlich um den Angeklagten dreht.

 

Die Frage, in welchen Fällen die Verletzten sich als Nebenkläger der Klage anschließen können, ist ausgesprochen unübersichtlich geregelt. Zunächst gibt es eine Vielzahl von Delikten, bei denen die Verletzten immer die Möglichkeit der Nebenklage haben, ohne dass zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Eine Nebenklage ohne zusätzliche Voraussetzungen kommt bei folgenden Delikten in Betracht:

 

a) Sexualdelikte nach §§ 174 - 182, 184i bis 184k StGB

  • Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen, § 174 StGB
  • Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen, § 174a StGB
  • Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung, § 174b StGB
  • Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses, § 174c StGB
  • Sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB
  • Sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt, § 176a StGB
  • Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern, § 176b StGB
  • Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern, § 176c StGB
  • Sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge, § 176d StGB
  • Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern, § 176e StGB
  • Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, § 177 StGB
  • Sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung mit Todesfolge, § 178 StGB
  • Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger, § 180 StGB
  • Ausbeutung von Prostituierten, § 180 StGB
  • Zuhälterei, § 181a StGB
  • Sexueller Missbrauch von Jugendlichen, § 182 StGB
  • Sexuelle Belästigung, § 184i StGB
  • Straftaten aus Gruppen, § 184j StGB
  • Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen, § 184k StGB

b) Mord und Totschlag, §§ 211, 212 StGB

 

c) Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit: §§ 221, 223 bis 226a und § 340 StGB

  • Aussetzung, § 221 StGB
  • Körperverletzung, § 223 StGB
  • Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB
  • Misshandlung von Schutzbefohlenen, § 225 StGB
  • Schwere Körperverletzung, § 226 StGB
  • Verstümmelung weiblicher Genitalien, § 226a StGB
  • Körperverletzung im Amt, § 340 StGB

d) Straftaten gegen die persönliche Freiheit, §§ 232 bis 238, 239 Abs. 3, 239a, 239b, 240 Abs. 4 StGB

  • Menschenhandel, § 232 StGB
  • Zwangsprostitution, § 232a StGB
  • Zwangsarbeit, § 232b StGB
  • Ausbeutung der Arbeitskraft, § 233 StGB
  • Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung, § 233a StGB
  • Menschenraub, § 234 StGB
  • Verschleppung, § 234a StGB
  • Entziehung Minderjähriger, § 235 StGB
  • Kinderhandel, § 236 StGB
  • Zwangsheirat, § 237 StGB
  • Nachstellung, § 238 StGB
  • Freiheitsberaubung von mehr als einer Woche oder mit schweren gesundheitlichen Folgen, § 239 Abs. 3 StGB
  • Erpresserischer Menschenraub, § 239a StGB
  • Geiselnahme, § 239b StGB
  • Besonders schwere Fälle der Nötigung (z. B. zum Schwangerschaftsabbruch oder unter Ausnutzung einer Amtsstellung), § 240 Abs. 4 StGB

e) Verstoß gegen Auflagen nach dem Gewaltschutzgesetz, § 4 GewSchG

 

f) Verletzung von Rechten nach dem Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Designgesetz, Urhebergesetz etc.

 

Auch bei anderen Straftaten kann eine Nebenklage zulässig sein, wenn zusätzlich besondere Gründe vorliegen.

Nach § 395 Abs. 3 StPO kann sich der Verletzte der Klage nämlich auch bei nicht in § 395 Abs. 1 StPO genannten Straftaten anschließen, sofern der Anschluss aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folgen der Tat, zur Wahrnehmung der Interessen des Verletzten geboten erscheint.

 

Beispielhaft aufgezählt werden im Gesetz folgende Straftaten, bei denen dies in Betracht kommen kann:

  • Beleidigung, §§ 185 bis 189 StGB
  • Fahrlässige Körperverletzung § 229 StGB
  • Wohnungseinbruchsdiebstahl, § 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 StGB
  • Raub und Erpressung, §§ 249 bis 255, 316a StGB

Die Aufzählung ist aber nicht abschließend. Daher ist die Nebenklage grundsätzlich bei jeder rechtswidrigen Tat möglich, sofern der Verletzte die besonderen Gründe nachweisen kann.

Bezüglich dieser Gründen wird entsprechend der Gesetzesbegründung vor allem auf die Schwere der Tatfolgen für das Opfer abgestellt. Die schweren Folgen liegen dabei insbesondere dann vor, wenn beim Verletzten körperliche oder seelische Schäden mit einem gewissen Grad an Erheblichkeit bereits eingetreten oder zu erwarten sind. Beispiele sind Gesundheitsschädigungen, Traumatisierungen, erhebliche Schockerlebnisse oder die erforderliche Abwehr von Schuldzuweisungen durch den Täter. Allein das wirtschaftliche Interesse an der effektiven Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche reicht dagegen nicht aus.

 

In Jugendstrafverfahren ist die Zulässigkeit der Nebenklage zum Schutz der jugendlichen Täter auf besonders schwere Delikte beschränkt. Zudem gibt es keine Möglichkeit, sich der Klage aufgrund besonderer Gründe anzuschließen.

Nebenkläger in Jugendstrafverfahren kann nur sein, wer verletzt worden ist

  • durch ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder die Freiheit (nach § 239 Abs. 3, 239a, 239b StGB), durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist,
  • durch einen besonders schweren Fall eines sexuellen Übergriffs, sexueller Nötigung, Vergewaltigung nach § 177 Abs. 6 StGB, durch welches das Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt oder einer solchen Gefahr ausgesetzt worden ist,
  • Raub, räuberischer Diebstahl oder räuberische Erpressung, jeweils mit Todesfolge.

2. Beteiligung am Strafverfahren als Zeuge

Das Eigenschaft des Verletzten als Zeuge ist unabhängig von seiner Position als Nebenkläger. Daher kann der Verletzte auch dann Zeuge sein, wenn er sich als Nebenkläger der Klage der Staatsanwaltschaft angeschlossen hat. Als Zeuge hat der Verletzte wie genau dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Zeugen.

 

a) Pflichten des Zeugen

 

Der Zeuge hat im Strafverfahren drei Pflichten:

  • die Pflicht zum Erscheinen bei der Strafverhandlung
  • die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage
  • die Pflicht, die Aussage ggf. auch zu beeiden

Kommt der Zeuge diesen Pflichten nicht nach, können gegen ihn Sanktionen verhängt werden. Erscheint der Zeuge nicht zur Verhandlung, so können ihm die dadurch entstandenen Kosten auferlegt oder es kann die zwangsweise Vorführung angeordnet werden. Bei einer Verweigerung der Aussage ohne das Recht dazu drohen Zwangsmittel wie die im härtesten Falle Beugehaft.

 

b) Rechte des Zeugen

 

aa) Das Recht auf staatlichen Schutz

 

Auf der anderen Seite gibt es eine ganze Reihen von Rechten. Staatliche Strafverfolgungsorgane sind verpflichtet, die Zeugen zu schützen, sofern dieser durch seine Mitwirkung in Leib- oder Lebensgefahr gerät. Um dies zu gewährleisten kann der Wohnort bzw. die Identität des Zeugen geheim gehalten werden. Möglich ist dies dann, wenn der Zeuge um seine körperliche Unversehrtheit oder seine Freiheit fürchten muss, da er im Vorfeld der Verhandlung Drohanrufe bzw. briefe vom Angeklagten oder Personen aus dessen Umfeld erhalten hat. Zudem kann die Öffentlichkeit bei der Vernehmung ausgeschlossen werden, wenn zu erwarten ist, dass die wahrheitsgemäße Aussage den Zeugen oder eine andere Person in Gefahr bringen könnte. In besonders schwerwiegenden Fällen besteht die Möglichkeit, den Zeugen in ein sogennantes Zeugenschutzprogramm aufzunehmen.

 

Ebenso wie Leib und Leben muss der Staat auch die Persönlichkeitsrechte der Zeugen schützen. Um dies zu erreichen, kann bei Zeugenaussagen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich der Zeugen betreffen (wie z. B. der Gesundheitszustand, sexuelle Neigungen oder religiöse Einstellungen), die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen werden. Fragen, die dem Zeugen zur Unehre gereichen können oder den persönlichen Lebensbereich betreffen, sollen von den vernehmenden Personen nur dann gestellt werden, wenn es unerlässlich ist. Stellt die Anwesenheit des Angeklagten für den Zeugen eine so starke Belastung dar, dass er sich weigert unter Anwesenheit des Angeklagten auszusagen, kann dieser für die Dauer der Vernehmung aus dem Sitzungssaal entfernt werden.

 

bb) Das Recht, nicht aussagen zu müssen

 

Das Recht, nicht aussagen zu müssen, gibt es in zwei Fällen: Entweder hat der Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht nach den §§ 52 ff. StPO oder er hat ein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO.

Die Zeugnisverweigerungsrechte greifen ein, wenn sich der Zeuge in einem Zwiespalt befindet. Würde er aussagen, würde er entweder dem Zusammenhalt seiner Familie schaden oder er würde gegen eine berufliche Pflicht verstoßen, bestimmte Informationen für sich zu behalten. Für diese Zwangslagen hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, dass Interesse der Strafverfolgung zurückstehen zu lassen und den Zwiespalt zugunsten des Zeugen aufzulösen. Daher muss der Zeuge z. B. keine Aussage machen, wenn er mit dem Angeklagten verwandt oder verschwägert ist oder die Informationen innerhalb seiner Tätigkeit als Seelsorger oder Arzt erhalten hat.

Das Aussageverweigerungsrecht steht dem Zeugen dann zu, wenn die Gefahr besteht, dass er aufgrund seiner Aussage selbst wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt würde. In diesem Fall wird der Zeuge praktisch wie ein Beschuldigter behandelt und kann wie dieser nicht dazu gezwungen werden, sich selbst zu belasten.

IV. Klageerzwingung und Privatklage

1. Klageerzwingung

Durch das Klageerzwingungsverfahren können Verletzte durch die Einschaltung eines Gerichts die Staatsanwaltschaft zur Klageerhebung zwingen. Sie müssen also nicht hilflos zuschauen, wenn die Staatsanwaltschaft von der Erhebung der Klage absieht, sondern können selbst aktiv dafür sorgen, dass das Verfahren weitergeführt wird. In Fällen, in denen für sämtliche Taten der Privatklageweg zulässig ist, hat dieser gegenüber der Klageerzwingung Vorrang.

 

Das Klageerzwingungsverfahren besteht aus drei Schritten:

 

1. Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss

Bevor das Gericht eingeschaltet werden kann, muss zunächst Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss der Staatsanwaltschaft bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt werden. Dadurch bekommmt die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit, die Einstellung des Verfahrens nochmals zu überdenken und ihre Meinung zu ändern. Die Beschwerde ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Einstellungsverfügung möglich.

 

2. Entscheidung durch die Generalstaatsanwaltschaft

Entscheidet sich die Generalstaatsanwaltschaft dazu, der Beschwerde stattzugeben, wird entweder sofort Klage erhoben oder es werden weitere Ermittlungen eingeleitet. Hält die Generalstaatsanwaltschaft die Einstellung der Klage für rechtmäßig, so lehnt sie die Beschwerde ab und eröffnet damit den Verletzten den Weg zu einer gerichtlichen Überprüfung.

 

3. Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Zuständig für die gerichtliche Überprüfung der Verfahrenseinstellung ist das Oberlandesgericht. Der Antrag an das Gericht muss innerhalb eines Monatsnach Bekanntmachung der Beschwerdeentscheidung durch die Generalstaatsanwaltschaft gestellt werden. Vor der Entscheidung des Gerichts wird der Antrag zwecks Stellungnahme nochmal an die Generalstaatsanwaltschaft geschickt. Dabei hat die Staatsanwaltschaft ein zweites Mal die Möglichkeit, ihre Entscheidung  zurückzunehmen und Klage zu erheben. Sofern die Staatsanwaltschaft bei ihrer Meinung bleibt, geht die Sache wieder zum Oberlandesgericht. Dieses entscheidet zunächst, ob die Ermittlungen in ausreichendem Maße durchgeführt wurden. Ist es der Meinung, dass weitere Ermittlungen erforderlich sind, kann es diese selber an Stelle der Staatsanwaltschaft anordnen.

Nach Abschluss der Ermittlung fällt das Gericht die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft Klage erheben muss oder nicht.

2. Privatklage

Die Privatklage ist die einzige Ausnahme von dem Grundsatz, dass grundsätzlich nur die Staatsanwaltschaft zur Klageerhebung befugt ist. Der Privatkläger übernimmt im Verfahren die Position der Staatsanwaltschaft und tritt daher nicht wie im "normalen" Strafverfahren als Zeuge, sonder als Ankläger auf. Die Privatklage ist nur dann möglich, wenn Sie die die Tat erfolglos angezeigt haben (und ggf. Strafantrag gestellt haben) und die Staatsanwaltschaft das Verfahren mit Hinweis auf die Möglichkeit der Privatklage einstellt. Zudem ist die Privatklage nur bei folgenden Straftaten möglich:

  • Hausfriedensbruch, § 123 StGB
  • Beleidigung, §§ 185 bis 189 StGB
  • Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen, § 201a Abs. 1 und 2 StGB
  • Verletzung des Briefgeheimnisses, § 202 StGB
  • Körperverletzung, §§ 223, 229 StGB
  • Nötigung, § 240 Abs. 1 bis 3 StGB
  • Bedrohung, § 241 Abs. 1 bis 3 StGB
  • Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB
  • Sachbeschädigung, § 303 StGB
  • Verletzung von Rechten nach dem Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Designgesetz, Urhebergesetz etc.

Sofern der Täter Jugendlicher ist besteht grundsätzlich keine Möglichkeit der Privatklage. Die Tat wird stattdessen durch die Staatsanwaltschaft verfolgt, sofern Gründe der Erziehung oder ein berechtigtes Interesse des Verletzten dies erfordern.

 

Bei Hausfriedensbruch, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung muss nach § 380 StPO ein Sühneversuch vor einer Vergleichsbehörde (in NRW Schiedsmann) beantragt und durchgeführt werden. Erst nach der Durchführung dieses Sühneversuches kann der Privatklageantrag gestellt werden.

 

Folgende Punkte sind bei der Privatklage besonders zu bedenken:

  • Das Gericht kann das Verfahren nach § 382 Abs. 2 StPO bei geringer Schuld des Täters einstellen.
  • Der Privatkläger ist im Privatklageverfahren Ankläger und steht daher nicht als Zeuge zur Verfügung.
  • Die Kosten für das Verfahren muss der Kläger vorstrecken
  • das Gericht bestimmt den Umfang der Beweisaufnahme nach eigenem Ermessen
  • der Angeklagte hat das Recht auf Widerklage, so dass sich der Privatkläger ganz schnell selbst in der Angeklagtenrolle wiederfinden kann
  • Wird der Angeklagte freigesprochen, so muss der Privatkläger auch dessen notwendige Auslagen (insbesondere dessen Anwaltskosten) bezahlen.

Wie Sie sehen, wird es dem Betroffenen schwer gemacht, die Privatklage bis zum Ende zu verfolgen. Zum einen bestehen häufig Beweisschwierigkeiten, da der Betroffene nicht Zeuge sein kann und zum anderen besteht ein großes finanzielles Risiko. Dies ist vom Gesetzgeber so gewollt. Das Ziel der Privatklage ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht ein Strafurteil, sondern eine einvernehmliche Lösung der Sache zwischen Täter und Opfer.

 

Wenn der Privatklageweg beschritten wird, sollte daher im Vorfeld genau analysiert werden, wie hoch die Risiken für den Betroffenen sind und wie weit das Verfahren geführt werden soll. Ansonsten erhält der Verletzte statt der ersehnten Gerechtigkeit eine Menge Rechnungen, die er bezahlen darf, ohne irgendetwas erreicht zu haben.

V. Entschädigung der Betroffenen

1. Vermögensrechtliche Ansprüche wie z. B. Schadensersatz und Schmerzensgeld

Um seine vermögensrechtlichen Ansprüche wie z. B. Schadensersatz und Schmerzensgeld durchzusetzen muss man nicht extra ein Verfahren vor den Zivilgerichten anstrengen. Es gibt mittlerweile eine für die Betroffenen viel praktischere Möglichkeit, nämlich das sogenannte Adäsionsverfahren (von lateinisch adhaerere: anhaften). Dabei wird die Entscheidung über vermögensrechtliche Ansprüche an das Strafverfahren sozusagen angeklebt, so dass über alle sich aus der Tat ergebenden Rechtsfolgen in einem einzigen Verfahren entschieden werden kann.

 

Dieses Verfahren hat eine ganze Reihe Vorteile für die Betroffenen:

  • Der Verletzte muss weder einen Prozesskostenvorschuss leisten noch die Gerichtsgebühren zahlen. Diese Gebühren können zwar anfallen, sofern das Gericht dem Verletzten die Ansprüche zuspricht, sind dann aber vom Angeklagten zu tragen
  • Nicht der Verletzte muss alle in Frage kommenden Beweise ermitteln, sondern dies geschieht im Strafverfahren von Amts wegen
  • Der Verletzte kann im Gegensatz zu einem Zivilverfahren als Zeuge in eigener Sache aussagen
  • Es besteht für den Angeklagten keine Möglichkeit der Widerklage
  • Die Abhandlung in nur einem Prozess vermindert den psychischen Druck auf die Verletzten und bringt die Sache zu einem schnelleren Abschluss
  • Es besteht im Strafverfahren in der Regel eine höhere Bereitschaft des Angeklagten, den Schaden auszugleichen, da sich dies für ihn positiv auf das Strafmaß auswirken kann
  • Werden dem Verletzten im Adhäsionsverfahren seine Ansprüche nicht zugesprochen, kann er danach trotzdem noch seine Ansprüche vor den Zivilgerichten geltend machen. Er hat dann also gleich zwei Chancen, seine Ansprüche durchzusetzen.

Nicht möglich ist das Adhäsionsverfahren gegen Jugendliche (Alter von 14 bis 17 Jahren). Gegen Heranwachsende (Alter von 18 bis 20 Jahren) ist es dagegen möglich und zwar auch dann, wenn in dem Verfahren Jugendstrafrecht angewendet wird.

Ebenfalls ausgeschlossen ist das Adhäsionsverfahren, wenn für die Ersatzansprüche das Arbeitsgericht zuständig ist. Dies ist zum Beispiel bei unerlaubten Handlungen in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Fall, § 2 Abs. 1 Nr. 3d ArbGG.

 

Der Adhäsionsantrag kann theoretisch auch ohne anwaltliche Unterstützung gestellt werden. Es gibt mittlerweile sogar Vordrucke auf den Internetseiten von Justizministerien und der Polizei. Von diesen kann ich Ihnen allerdings nur abraten, da das Adhäsionsverfahren zu komplex sind, als das es mit einem Vordruck komplett erfasst werden könnte.

Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Gibt es bei einer Straftat mehrere Täter und wird zunächst nur einer von ihnen angeklagt, so muss der Adhäsionsantrag trotzdem auf gesamtschuldnerische Haftung lauten, obwohl eigentlich nur über die Haftung eines einzigen Täters entschieden wird. Dies liegt daran, dass der verurteilte Täter die Möglichkeit haben muss, bei seinen Mittätern Rückgriff zu nehmen. Steht dieses "als Gesamtschulder" nicht im Antrag, so kann das Gericht nicht über den Adhäsionsantrag entscheiden.

2. Täter-Opfer-Ausgleich

Durch den Täter-Opfer-Ausgleich haben sowohl die Beschuldigten als auch die Verletzten die Möglichkeit, außergerichtlich die Situation durch eine freiwillige Übereinkunft zu regeln. Dies ist für den Verletzten eine rein freiwillige Handlung. Auch wenn die Staatsanwaltschaft dem Verletzten eine offizielle Aufforderung schickt, die Versöhnungsbemühungen des Täters anzuerkennen, besteht für den Verletzten keinerlei Verpflichtung dies zu tun.

 

Der Täter-Opfer-Ausgleich kann für Verletzte jedoch einige Vorteile haben:

  • Der Ausgleich mit dem Täter wird von den Betroffenen oftmals als gerechter empfunden, da es beim Täter-Opfer-Ausgleich darum geht, dass der Täter seine Schuld dem Betroffenen gegenüber wieder gutmacht, während es im Strafverfahren häufig nur um eine Strafe geht, die nicht dem Opfer zugute kommt.
  • Im Ausgleichsgespräch steht der Verletzte im Mittelpunkt, während er im Strafverfahren zumeist nur eine Nebenrolle als Anzeigenerstatter und Zeuge hat.
  • Die Betroffenen entgehen der intensiven Befragung im Strafverfahren durch das Gericht und den Verteidiger des Angeklagten, welche die Gefahr birgt, dass sie sich ein zweites Mal als Opfer fühlen.
  • Der Täter-Opfer-Ausgleich bietet den Betroffenen die Möglichkeit zu verstehen, wie es aus Tätersicht zu der Tat kam. Voraussetzung für den Ausgleich ist immer ein Eingestehen der Tat durch den Täter. Dieses Eingestehen verbunden mit dem Bereuen der Tat kann die psychischen Belastungen auf Seiten der Betroffenen mindern.
  • Die Chance auf Wiedergutmachung des materiellen Schadens ist in der Regel höher, da dies für den Täter dazu führt, dass sich seine Strafe mildert bzw. das Verfahren eingestellt werden kann.
  • Sofern Täter und Verletzter sich aufgrund ihres Wohnortes im selben räumlichen Bereich bewegen, kann im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs eine Regelung für künftigen Begegnungen vereinbart werden.

Der Täter-Opfer-Ausgleich findet durch geeignete staatliche Stellen oder durch freie Träger statt. Dort wird das Verfahren von ausgebildeten Mediatoren begleitet. In der Regel werden zunächst Einzelgespräche geführt, bevor das gemeinsame Ausgleichsgespräch durchgeführt wird. Im Rahmen einer Übereinkunft kommt es zumeist zu Zahlungen von Schadensersatz, Zahlungen von Schmerzensgeld, Entschuldigungen des Täters, der Rückgabe bzw. Wiederbeschaffung gestohlener Gegenstände. Möglich ist auch die Vereinbarung einer Arbeitsleistung des Täters für die Verletzten oder eine gemeinnützige Einrichtung.

 

Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ganz sicher nicht für jede Straftat geeignet. Bei Straftaten durch die die Verletzten traumatisiert wurden wie z. B. bei schweren Sexualdelikten ist das Ausgleichsverfahren keine Option. In vielen Fällen kann jedoch der Täter-Opfer-Ausgleich den Betroffenen die psychischen Belastungen des Strafverfahrens ersparen und mit der richtigen Vorbereitung und Durchführung auch die Folgen der Tat erträglicher machen.